Von den Zahnärztinnen zu den Chefinnen – Teil 2

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Im ersten Teil habe ich berichtet, wie sich für uns – aus heiterem Himmel – eine Gelegenheit zur Selbstständigkeit ergeben hatte. Unser Traum von einer eigenen Praxis war plötzlich zum Greifen nah. In diesem Teil möchte ich darüber berichten, welche Hürden wir überwinden mussten, um unseren Traum wahr werden zu lassen.

Es bestand akuter Handlungsbedarf. Das war uns klar. Wir wollten nicht, dass die Bestandspatienten ihre bekannte Zahnarztpraxis verlieren. Und wir wollten, dass die Arbeitsplätze des Praxispersonals erhalten blieben. Es war unser fester Entschluss, die Praxis in Gladbeck-Brauck zu retten. Wir waren uns sicher: Mit der Schließung der Praxis hätte sich der Versorgungsgrad noch weiter verschlechtert. Und natürlich war unser lang ersehnter gemeinsamer Traum einer eigenen Praxis auf einmal zum Greifen nah. Unser Entschluss stand fest. Aber vor uns lag ein langer Weg voller Aufs und Abs.

Die Idee war einfach: Eigene Praxis, Selbstständigkeit, Entfaltungsmöglichkeiten, eigene Entscheidungen treffen, Unabhängigkeit. Doch die Umsetzung des Vorhabens war alles andere als leicht. Vor uns stand ein hoher Turm von Pflichten, die es zu erfüllen galt.

Zunächst war da der scheinbar endlose Anforderungskatalog der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) in Münster, der uns schlagartig auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hat. Mehrfach haben wir uns mit der KZV in Münster treffen müssen. Es war eine lange Reihe von Terminen und Gesprächen nötig, um alle Anforderungen zu begreifen und die Umsetzung zu planen.

Ohne Zweifel war es unser Glück, dass wir einen sehr erfahrenen Gründungsberater an unserer Seite hatten, den wir bereits während unserer Studienzeit kennengelernt haben. Im Herbst 2018 gab es dann ein unerwartetes Wiedersehen. Auf einem Seminar, das wir in Münster besuchten, hielt er als Dozent einen Vortrag. Diese Begegnung sollte zum Grundstein für unsere heutige Praxis werden. Das Wissen und die Erfahrung unseres Beraters haben unsere anfängliche Furcht vor dieser Herausforderung in Zuversicht und Optimismus umgewandelt.

Neben den Anforderungen der KZV hat uns das anstehende Gespräch mit der Bank den meisten Respekt eingeflößt. Wir mussten die Bank von unserem Vorhaben überzeugen und dazu musste ein Businessplan her. Und genau das war das Problem. Wir sind Zahnärztinnen mit Leib und Seele. Wir kennen uns mit den Erkrankungen der Zähne und des Zahnfleischs aus. Und wir haben die Behandlungsmethoden des aktuellen Stands der Forschung studiert. Aber einen Businessplan zu entwerfen, der vor gestandenen Bankern den Stresstest besteht, war nicht Teil des Curriculums. Wir hatten zunächst keinen blassen Schimmer wie man so etwas anging. Gut, dass unser Berater uns auch bei dieser Aufgabe helfen und uns wertvolle Tipps zum Einstieg geben konnte. Und letzten Endes half kein Jammern. Um die Bank zu überzeugen, mussten wir ein Konzept für unsere Praxis entwerfen. Also fingen wir an, unsere Ideen zu sortieren und zu Papier zu bringen. Anfangs war es ein ganz schön zäher Prozess, der uns aber nach und nach leichter fiel. Wir waren sehr erleichtert, als das fertige Konzept für unsere eigene Praxis vor uns lag. Doch war das ja erst der erste Streich. Als nächstes stand der Termin mit der Bank an. Wir hatten keine Vorstellung davon, was uns dabei erwarten würde. Wir waren vor dem Termin, in dem es um Alles oder Nichts ging, so aufgeregt, wie vor keiner Prüfung während unseres Studiums. Doch unsere anfängliche Nervosität und Unsicherheit legte sich nach kurzer Zeit und wir kamen immer besser in Fahrt. Und unsere Ideen kamen sehr gut an. Vor allem die Idee, das ehemalige Chef-Büro in ein zusätzliches Behandlungszimmer – speziell für die Prophylaxe – umzubauen, wurde von dem Banker sehr positiv aufgenommen. Schließlich erhielten wir die Zusage für unsere Praxis. Bei der Verabschiedung sagte der Bankier zu uns, dass er selten derart gut präsentierte Pläne erleben würde.

Wir waren mächtig erleichtert, als wir die Zusage erhielten. Allerdings war dies gleichzeitig der Beginn eines buchstäblichen Termin-Marathons. Es sollten nämlich etliche weitere Gespräche und Termine mit dem Steuerberater, dem Rechtsanwalt, dem Versicherungsvertreter, diversen Praxisausstattern, Werbeagenturen usw. folgen. Wir hangelten uns im wahrsten Sinne des Wortes von einem Termin zum Nächsten.

Natürlich musste auch der Umbau der alten Praxis geplant werden. Dies war von allen Aufgaben die Schönste. Wir hatten von Anfang an eine klare Vorstellung von unserer zukünftigen Praxis:

  • Komfortable Behandlungsstühle sowohl für unsere Patienten als auch für uns
  • Praxisgeräte auf dem aktuellen Stand der Technik
  • Erstklassiges Licht als Basis für den Behandlungserfolg
  • Modernes Ambiente
  • Praktisches und smartes Praxismobiliar

Die Planung hat uns viel Freude bereitet. Die Umsetzung stand natürlich wieder auf einem anderen Blatt.

Und dann war da noch eine weitere Hürde, die es zu überwinden galt. Wir brauchten die Zulassung als niedergelassene Zahnärzte. Neben allen organisatorischen Aufgaben musste also noch irgendwie Zeit für die Prüfungsvorbereitung freigeschaufelt werden. Rückblickend betrachtet war diese Aufgabe verglichen mit den anderen Pflichten eine der leichteren Übungen.

Nach der bestandenen Zulassung ging es dann endlich ans Eingemachte. Startschuss war der 27.12.2019. Ein Tag nach Weihnachten – die Trägheit nach dem großen Schlemmen an den Feiertagen lag uns noch in den Knochen. Die Räume der alten Praxis mussten freigeräumt werden. Die Termine für die Umbauarbeiten waren schon fixiert. Also hieß es – mit tatkräftiger Unterstützung von Familie und Freunden: Rann an den Speck! Mehr dazu werde ich im 3. Teil berichten. Hierzu schon mal ein kleiner Vorgeschmack:

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Die Zahnlinge packen an

Viele Grüße und bis bald!

Dr. Heike Grieco

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